Das Kartell ist ein Wort französischen Ursprungs, das ehemals die Kampfordnung bei ritterlichen Wettkämpfen bezeichnete und im heutigen Wirtschaftsleben eine ethisch verwerfliche Vereinbarung zwischen Parteien gleicher Interessenlage zum Zwecke einer absoluten Marktbeherrschung umschreibt.
Die Seilschaft ist ein Begriff aus der Welt der Bergsteiger, der die gegenseitige Absicherung einer Gruppe gemeinsamer Bergsteiger beschreibt. Im übertragenen Wortsinne ist eine Seilschaft ein Beziehungsgeflecht miteinander durch gleiche Interessen verbundener Personen, die sich gegenseitig bei ihren gemeinsamen Interessen fördern.
Was tun in den Jahren 1 bis 10 nach der Wende die staatlich bestellten Treuhandabwickler der großen Kombinate, wenn sie denn einmal Freizeit haben? Richtig geraten, sie tun etwas für Gesundheit und Hygiene. Sie gehen, wie so viele in die Sauna. Dort treffen sie zwangsläufig auf Gesundheitsapostel, die auf der anderen Seite der Wirtschaft im eher privatwirtschaftlichen Bereich ihr Auskommen suchen. Man kennt sich nicht nur von den Saunagängen. Viele der freiberuflich Werktätigen haben mit den ehemals genossenschaftlichen Treuhandwerktätigen eine Schulbank im Sozialismus geteilt. Die ihnen aus dem Westen zugeteilten Treuhändler sind sowieso mit den aus dem Westen angereisten Unternehmenslustigen aus alten Ländern in alter Freundschaft verbunden und verbandelt. Als Vermittler bei den in der Sauna geführten Wirtschaftsgesprächen dienen aus der Treuhandanstalt ausgeschiedene Mitarbeiter, die nun als freiberufliche Berater für ihren ehemaligen Brötchengeber fungieren. Im Bereich der ehemaligen Chemiekombinate gibt es nicht nur wenig neue Arbeitsstellen, sondern auch noch viel mehr als zuvor zu verdienen. Die abzuwickelnden Großkombinate sind der Bundesanstalt für vereinigungs-bedingte Sonderaufgaben zugewiesen worden, die nun den hinterlassenen Scherbenhaufen zusammenkehren soll. Da stehen alte unrentable Schrottanlagen auf verseuchten Böden. Da sind Tausende ehemals in diesen Anlagen beschäftigte Menschen mit einem Schlag arbeitslos und drängen in Beschäftigungsgesellschaften, die eigentlich nur zur Beruhigung der ehemals werktätigen Ostler und zur Schönung der Statistik der Bundesanstalt für Arbeit gegründet werden. Das Saunakartell von Bitterfeld ist ein leuchtendes Beispiel, wie man (Mann), - damit sind die Menschen gemeint, die schon immer in Ost oder in West an den Quellen der Macht saßen, nun locker im Vorübergehen beim Gesundheitsschwitzen die Verteilung der staatlichen Wohltaten und Subventionen regeln. Da solche Absprachen einer höchsten Stufe der Vertraulichkeit und Diskretion bedürfen, ist die öffentliche Sauna für solche Absprachen einer der am besten geeigneten Orte. Es ist der einzige Ort, an dem man wegen der absoluten Nacktheit all seiner Gesprächspartner nahezu sicher ist vor heimlichen Gesprächsmitschnitten. Flüstern gehört zum guten Ton und es findet auch kein Außenstehender etwas dabei, wenn zwei drei sonst gut situierte und auf Abstand bedachte Herren im Halbdunkel ihre Köpfe zusammenstecken, um über Teilung des Kuchens sowie die Hand- Berater- und Schmiergeldprovisionen zu feilschen. So entwickelt sich im feuchtheißen Halbdunkel des Dampfbades das erste Steuerungskartell im ehemaligen Chemiedreieck der DDR. Daraus entsteht langsam ein Ermittlungsverfahren wegen diverser Sachverhalte der Wirtschafts- und Umweltkriminalität, das dann zu den entsprechenden strafprozessualen Maßnahmen führt. Bokolic´s Kommissariat ist zusammen mit weiteren Kommissariaten der ZERV zur Unterstützung einer Durchsuchungsaktion angefordert worden.
Das Pumpkartell, wie man Altlasten ungestraft entsorgt
Aus der Not eine Tugend machen ist ein altes Sprichwort. Bereits zu Zeiten des Dritten Reiches wird ein Teil der Chemieabwässer einfach in Tiefenbrunnen verpresst. Diese unfeine und umweltgefährdende aber gewinn-maximierende Kapitalistenmethode wird aus rein ökonomischen Gründen zu Zeiten des Sozialismus auf eine gesellschaftspolitische Grundlage gestellt. Die endgültige Sozialisierung dieser Altlasten sollte jedoch erst nach der Wiedervereinigung dem wiedervereinigten Deutschen Volke gelingen. Klarer ausgedrückt: Die politisch nach der Wende regierenden Repräsentanten entschließen sich einmal, dem sonst so verhassten grünen Gedanken einer sauberen Umwelt näher zu treten. Dies geschieht keinesfalls aus der Einsicht in die Not-wendigkeit einer Sanierung verseuchter Böden. Es ist nur den Forderungen der Bosse der Westindustrie zu verdanken, die darauf bestehen beim Ausver- und Aufkauf der ungeliebten Ostkonkurrenz weder Altlasten noch Schrottmaschinenparks übernehmen zu müssen. So bekommen die Nachfolger von IG Farben und anderen Konsorten für ein paar läppische Westmark die mögliche Ostkonkurrenz vom Hals, ein neues Absatzgebiet dazu und die Möglichkeit zu reichlich späterer Zeit auf frisch sanierten und vom Schrott befreiten Böden ihre modernsten Anlagen mit Subventionen und Abschreibungsmöglichkeiten hochzuziehen. Wirklich ein gutes Schnäppchen für die Manager der Kapital- und Aktienhalter. Man muss weder eingefleischter Sozialist noch Kommunist sein, um zu begreifen, dass hier dem Satz „Eigentum verpflichtet zu nichts anderen als es zu vermehren“ aber nicht dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Genüge getan wird. Wie immer bei Ermittlungen werden unbedachte Kleinigkeiten den Ausschlag geben, ob strafrechtlich relevantes Verhalten nachweisbar ist. Bokolic ist mit einem Kollegen seines Kommissariats dabei, die Einzelbelege über die Entsorgung der Giftabwässer zu sichern und im Vorfeld zwecks anschließender Erstvernehmung zu bewerten. Im ersten Augenschein sind die Angaben durchaus plausibel. Die Ausschreibung ist Zug um Zug, Brunnen für Brunnen erfolgt, der „Beste“, aber bei Weitem nicht der billigste Anbieter hat den Zuschlag erhalten, bedenklicher weise nur immer derselbe Anbieter. Rechnungsstellung und Belege über die Entsorgung der Giftwässer in einer Giftmüllverbrennungsanlage sind vorhanden und auf den ersten Blick ohne Beanstandung. Bokolic ist trotzdem misstrauisch. Schon einmal in seiner Laufbahn hat er feststellen müssen, dass eine solch allzu saubere Belegführung getürkt war. Nun überlegt er, wo er diese Buchangaben noch weiter auf Stimmigkeit überprüfen könnte. Sein Kollege bringt die zündende Idee. Alle Belege über die Entsorgung enthalten neben Datum, Menge und Substanz der entsorgten Güter auch das Kennzeichen des Transportfahrzeuges und den Namen des Fahrers. Auf der anderen Seite verlässt kein Fahrzeug das Gelände des Chemieparks ohne Kontrolle, genauso wenig fährt ein Fahrzeug ohne Kontrolle ein. Zwei Stunden später sagt der Kollege zu Bokolic „Bingo, die Fahrten sind allesamt getürkt. Keines der angegebenen Fahrzeuge hat zur fraglichen Zeit das Gelände des Chemieparks verlassen“. Sie wurden über Monate nur innerhalb des Chemieparks bewegt. Ein näherer Augenschein der Entsorgungsbelege führt bei Bokolic zu der Erkenntnis, dass es sich bei den Belegen ganz offensichtlich um Kopierfälschungen handelt. Wesentliche Eintragungen sind in eine Mutterkopie nachträglich eingesetzt worden Unterschriften und andere Details sind bei allen Belegen deckungsgleich. Damit ist die Grundlage für erste Vernehmungen und weitere Ermittlungen vorhanden. Doch zurück zum Pumpenkartell: In mehrfacher Hinsicht wird hier gepumpt. Im Rahmen des Saunakartells treffen sich externe Berater und die von der Bundesanstalt Sondervermögen in einer Beschäftigungsgesellschaft eingesetzten Verantwortliche. Bei diesem Treffen werden erste Grundzüge des Pumpenkartells geregelt. Berater verpflichteten sich Sanierungsfirmen für Grundwasser und Böden zu besorgen, die geeignet aber auch zahlungsgeneigt sind. Es werden sowohl Prämien und Provisionen für die beratenden und auftragsvergebenden Personen ausgehandelt, als auch bestimmte Bedingungen zur schnellstmöglichsten, gewinnbringendsten Auftrags-durchführung. So pumpt eine Firma aus einem Brunnen auf einem stillgelegten Werksgelände verseuchtes Wasser ab, besorgt sich über Dritte eine im wahrsten Sinne des Wortes „unschädliche Entsorgungsbestätigung“ und pumpt das Wasser nur einige Hundert Meter weiter in einen Brunnen auf dem nächsten noch zur Sanierung anstehenden Werksgelände. Ähnlich wird mit kontaminierten Böden verfahren, wobei ein im Weser-Bergland mehr als gescheiterter Bauunternehmer gerne den Aushub als wertvollen Mutterboden anderweitig „entsorgt“. Gleichzeitig pumpen oder leihen sich die beteiligten privaten Unternehmen von einer der Beschäftigungsgesellschaften Arbeitskräfte, die nun zwar zweckentfremdet aber endlich „richtig“ arbeiten dürfen. Während der Sozialstaat diese Arbeitskräfte für fiktives Beseitigen sozialistischen Unrates entlohnt, lassen andere diese Arbeitskräfte für ihre privaten Unternehmungen fleißig schuften. Entleihgebühren kassieren jedoch die weniger fleißigen aber umso eifrigeren Saunagänger.
Das Bewirtungskartell, wie man eine Versorgungsgemeinschaft gründet
Die Aufdeckung des Bewirtungskartells verdankt das zuständige Kommissariat von ZERV einer der Damen, die wegen ihrer Weigerung die geforderten liebesdienerischen aber anormalen Praktiken eines Kunden hinzunehmen, von Vergünstigungen für bestimmte Dienstleistungen ausgenommen wird und sich somit selbst auf die Liste zukünftiger Arbeitsloser setzt. Es ist überall bekannt, dass die Ehe eine Versorgungsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit ist. Genauso, wie bekannt ist, dass meist der weibliche Partner dieser Versorgungsgemeinschaft für die Zubereitung von Speis und Trank innerhalb dieser Gemeinschaft verantwortlich ist. Im Rahmen des Saunakartells wurde diese Arbeitsteilung ganz neu definiert und auch auf kommerzielle Weise bestätigt. Hieraus entstand das Bewirtungskartell. Wer die großen, mit Zäunen gesicherten Areale der ehemaligen Ost-Chemiekombinate kennt, wird wissen, dass es auch nach der Wende bis heute recht schwierig ist, innerhalb eines solchen Areals tätig zu werden. So bedarf jedwede gewerbliche Tätigkeit der Zustimmung der Auffang- und Sanierungsgesellschaft. Man stelle sich vor, zu welchen abartigen Gedankenspielen das zwangsläufig führen muss. Immerhin arbeiten in einem solchen Gelände nicht nur die Sanierer. Hinzu kommen die Mitarbeiter der neu gegründeten Investorenfirmen sowie die vielen Externen, Mitarbeiter von Baufirmen, Maschinenaustattern, Lieferanten und Kunden. Selbstverständlich muss den leiblichen Bedürfnissen dieser Menschen Rechnung getragen werden. Dies umso mehr, als die nächst erreichbaren Verpflegungsmöglichkeiten weit außerhalb des umzäunten Areals liegen und die ehemals sozialistischen Kantinen der Werktätigen der Spitzhacke zum Opfer gefallen sind oder noch immer auf sozialistischer Tristesse in ihrem Angebot achten. Einer der Herren Auffanggesellschaftergeschäftsführer hat nun eine Ehefrau, die keinesfalls mit der Beköstigung und Befriedigung ihres Ehegesponses ausgelastet ist. So bietet sich von selbst an, dass die einzige und somit fürwahr marktbeherrschende Konzession zur Eröffnung eines Imbiss- und Verköstigungsstandes innerhalb des umzäunten Areals nach eingehender Prüfung und sorgfältiger Abwägung der finanziellen Vorteile für die ganze Gesellschaft der zwölf Saunaapostel der treu sorgenden Geschäftsführerehefrau angetragen wird. Im Gegenzug für andere Vergünstigungen darf dann jeweils eine ausgesuchte Schar netter und hübscher Damen aus dem unerschöpflichen Reservoir der Angestellten der Beschäftigungsgesellschaft und der ABM Kräfte der nunmehr freischaffenden Geschäftsführerehefrau bei ihrer Arbeit behilflich sein. Auch hier dürfte eine bestimmte Entleihvergütung für die bereits von staatlicher Fürsorge entlohnten Arbeitskräfte in den Schwitztopf des Saunakartells geflossen sein. Als Ausfluss aus dieser Art von Kartellbildung gibt es noch eine besondere Art der Belohnung von Very Important People. Die schönsten und willfährigsten Damen aus der Riege der Entleihmitarbeiterinnen dürfen mit Kunden und Geschäftsfreunden des Saunakartells die Villa eines der „Leitenden Barone“ des Saunakartells in Florida für Urlaubsaufenthalte benutzen. Nach zuverlässigen Quellen soll es dort sehr freizügig zugegangen sein. Neben Speis und Trank sind durchaus auch andere leibliche Bedürfnisse gegen entsprechendes Entgelt an die Damen „befriedigt“ worden.
Das Backsteinkartell, ein Diskurs zur Sanierung der Infrastruktur im Osten
Mit der Sanierung der maroden Infrastruktur in den Neuen Bundesländern hat sich mancher gleichfalls marode Westbetrieb gleichsam mitsaniert. Der endlose Zug der neuen, wie auch der nicht mehr ganz so neuen oder auch schrottreifen Baumaschinen geht in den ersten Jahren nach Maueröffnung ganz von selbst mitsamt ihren windigen Besitzern und Bauunternehmern gen Osten und folgt damit nur einem allgemeinen Trend. Da wo unbedarfte öffentliche Hände das gen Osten gepumpte Geld verwalten, da locken die großen Sanierungsgewinne. Autobahnen, Fern- und Ortsstraßen, ja selbst Radwege müssen her, Wasser- und Abwasserrohre, Strom- Gas- und Telefonleitungen müssen darunter oder daneben verlegt werden einschließlich des Baus aller zugehörigen Versorgungseinrichtungen. Das System eines reibungslos funktionierenden Interessenausgleichs zwischen den die Aufträge erteilenden „Öffentlichen Händen“ und den beauftragten Firmen ist bereits kurz an anderer Stelle beschrieben. Interessant sind jedoch einzelne Formen dieser für beide Seiten gedeihlichen Zusammenarbeit. Im Falle der AG Bau Steine Erden wird die Offene und auch Öffentliche Hand durch zwei Bürgermeister benachbarter Gemeinden vertreten. Der eine Herr Bürgermeister stammt aus dem fernen Westen, hat nach der Wende als ehemaliger Verwaltungsleiter einer größeren Weststadt, die ihn wegen eines „Machtwechsels“ in dieser Stadt und den damit zusammenhängenden Gerüchten über dubiose Seilschaften loswerden wollte, die undankbare aber lukrative Aufgabe übernommen, die Ortsverwaltungen im Kreis zu reformieren und in jeder Beziehung auf Westniveau zu bringen. Unter jeder Beziehung versteht er auch den Aufbau eines Beziehungsgeflechts zwischen der auftragsvergebenden Verwaltung und auftragsnehmenden Firmen. Die Firmen selbst kennt er noch von seiner früheren Tätigkeit. Sie haben wie er selbst die Zeichen der Zeit erkannt und sind den Kapitalströmen der Öffentlichen Hand mitsamt ihrem Gerätepark zu neu gegründeten Ostfirmen verschwunden, meist unter Hinterlassen ihrer maroden Westfirmen, die mangels Masse in aussichtsloser Insolvenz steckten. Nach zwei Jahren hat unser beamteter, abgeordneter Reformator die Schnauze voll vom Reformieren, lässt sich zum politischen Beamten in einer kleineren Gemeinde wählen, was wegen Mangels an geeigneten Kandidaten keine Probleme macht, und beginnt konsequent seine Seilschaften zu nutzen. Er hat ja den besten Überblick über all die Möglichkeiten einer konsequenten Subventionsnutzung. So wird die Ortsstraße fein unterteilt auf die vorhandenen Geldhonigtöpfe. Ein Teil der Straße wird als Zuwegung zu dem zu erschließenden Industriegebiet gefördert werden, ein Teil als Sanierungsfall im Zuge der Verlegung der neuen Abwasserleitung zu der von übergeordneter Stelle geplanten Abwasserbeseitigungsanlage und der Rest als Neubaumaßnahme der dringend notwendigen Ortsumgehung. Das Ganze hat den Vorteil, dass man bei begrenzten Teilen mit beschränkter Ausschreibung und bei mehrfacher Zuständigkeit bei verschiedenen Subventionstöpfen viel einfacher mauscheln kann. Fleißig wird auch, aber bitte nur vertraulich und nur mündlich, mit Allen an den Projekten Beteiligten gekungelt. Schnell hat er den Nachbarbürgermeister von den Vorteilen solchen Handelns überzeugt. Es kommt ihm dabei sehr gelegen, dass dieser ein Sohn seiner Gemeinde ist, das heißt, dieser ist als alteingesessener „Ostler“, mit alten Seilschaften verbandelt und mit Menschen, Sitten und Gebräuchen in seinem Ossiland bestens vertraut. Selbstverständlich gehen die einzelnen Lose des Straßenbaus und des Ausbaus der Infrastruktur an die Handvoll Firmen, die aus dem Westen unserem Bürgermeister nachgefolgt sind. Gegenseitig wird vorher abgesprochen, wer wofür welches Angebot abgibt. Die Stammbelegschaft aus dem Westen ist während der Westinsolvenzen arbeitslos geworden. Nur ausgesuchte Spezialisten bekommen bei den neuen Ostfirmen einen Job und das nur zu den Bedingungen des Beitrittsgebietes. Der traurige Rest der Mannschaft wird aus der reichlich vorhandenen Masse der arbeitslos gewordenen Einheimischen rekrutiert, wobei der mit Sitten und Gebräuchen vertraute Bürgermeister den kundigen Vermittler spielt. Wie aber kann man das ganze Spiel noch effizienter oder besser gesagt etwas „lohnender“ gestalten. Die Ermittlungen fördern Erstaunliches zutage: Bokolic und seine Kollegen steigen zu einer Zeit in die Ermittlungen ein, als die erwähnten Bauvorhaben schon abgeschlossen sind. Die meisten der beteiligten Firmenableger haben vor Auftreten erster Mängel und Ablauf der Gewährleistungsfristen die Segel gestrichen und eine für sie und ihre privaten Finanzen gesunde Insolvenz hingelegt. Die Dummen haben all ihre Baumaschinen in die Insolvenzmasse einfließen lassen, die weniger Cleveren haben sie in die Staaten östlich der Oder und Neiße verscherbelt und die besonders Cleveren haben sie, vor der Insolvenz, aus dem Firmenvermögen über Strohmänner billig aufgekauft, anschließend hoch versichert und von den umzäunten Abstellplätzen von ebenso kriminellen Subjekten, deren Heimat jenseits von Oder und Neiße liegt, unter Kassieren hoher Versicherungsprämien, dorthin entführen lassen. Nun steht das Gros der einheimischen Fachkräfte wegen der planmäßigen Insolvenzen ihrer Arbeitgeber arbeitslos auf der Straße und einer hiervon gibt auf Befragen gerne Auskunft über eine der unzähligen Varianten dieser dubiosen Praktiken: „ Ja, das lief folgendermaßen ab: Wir haben den Auftrag für die Tiefbauarbeiten bei der Verlegung von Wasser und Abwasserversorgung in der Ortsdurchgangsstraße von der Gemeindeverwaltung Deutschenberg bekommen. Noch vor Beginn der eigentlichen Arbeit fragte eine befreundete Firma bei uns an, ob wir im Zuge unserer Baumaßnahmen nicht als „Subunternehmen“ in ihrem Auftrag die Ausschachtung für die im gleichen Straßenzug zu verlegende Telefonleitung übernehmen. So wurde von uns ein etwas breiterer Graben ausgehoben in dem nun friedlich nebeneinander Wasser, Abwasser und Telefon liegen. Die Abdeckung der Telefonkabel nach oben erfolgte wie in der Ausschreibung vorgesehen mit in Sand eingebetteten Backsteinen. Um Gewinnteilung und -maximierung nie verlegen hat mein Chef mit den Bürgermeistern einen Deal gemacht. Hierbei spielten der Abriss eines baufälligen Gemeindehauses und der Neubau der Gemeindeverwaltung in der Nachbargemeinde eine Rolle. Mein Chef bestellte und bezahlte die für den Neubau vorgesehenen neuen Backsteine nebst Mauersand. Dafür wurden die ABM Kräfte der beiden Gemeinden, die zuvor mit dem Abriss der gemeindeeigenen Bruchbude betraut waren, samt den beim Abriss übrig gebliebenen Backsteinen und dem Bauschutt „kostenlos“ zu der Verfüllung unserer Tiefbauarbeiten wie auch zur Abdeckung der neu gelegten Telefonleitungen abgestellt. Selbstverständlich wurden die Arbeiten und Materialien sowohl der Gemeinde als auch der Deutschen Bundespost in Rechnung gestellt. Welche Provisionen von welcher Firma an welche Personen in den Auftrag gebenden Verwaltungen gezahlt wurden, weiß ich jedoch nicht. Ich weiß nur, dass die Ausschachtung für den Keller des privaten Bürgermeisterbungalows kostenfrei durch unsere Firma erfolgte und das Material für die Elektrik von dem Unternehmen gespendet wurde, welches die Telefonkabel in unserer Ausschachtung verlegte.