Denkmalschutz oder Behördenschutz

 

Kaum habe ich meine Behausung erworben, schon stellt sich der erste Ärger mit Behörden ein. Innerhalb weniger Monate ist die von keiner Behörde beachtete Ruine in den Mittelpunkt verschiedener widerstreitender Behördeninteressen geraten. Mit Abstand das größte und gefährlichste Interesse geht von der Denkmalschutzbehörde aus, die entdeckt, dass die alte Bauruine, nachdem sie ein Privatmann erworben hat, wohl unter ihren besonderen Schutz gestellt werden müsse. Dies zweifellos in der Absicht, meinen Geldbeutel dazu zu missbrauchen, ihre überzogenen Vorstellungen von fachgerechter Restauration durchzusetzen. Sie lässt von der Androhung eines höheren Bußgeldes und der Ersatzvornahme erst ab, nachdem ich mit ausdrucksstarken Eingaben und Einreden diese Behörde davon überzeugen kann, dass es ausschließlich an ihrer fehlenden finanziellen Unterstützung liegt, wenn die neuen Fenster nicht gemäß den Vorstellungen von Denkmalschutz mit Butzenscheiben und Bleiverglasung ausgestattet sind. Mir als dem Verantwortlichen für die Bausubstanz ist jedoch nur die notwendige Sicherung vor dem Verfall zuzumuten. Hierbei hebe ich insbesondere heraus, dass der behördliche Vorbesitzer, die Gemeinde nämlich, es schließlich versäumt hat während der Jahrhunderte, in denen sie dieses Haus nutzte, für eine sach- und fachgerechte Erhaltung zu sorgen. Später als die Renovierung der Außenfassade ansteht, hat diese Behörde sich tatsächlich ihrer Verantwortung für die historische Bausubstanz besonnen und einen nicht unerheblichen Zuschuss gezahlt. Nachdem der unverbindliche, unangemeldete Besuch des Vertreters der zuständigen Bauaufsicht mich schon vorgewarnt hat, entschließe ich mich, vor dem Beginn weiterer Um- und Ausbauten mich über die Notwendigkeit formloser Bauanzeigen oder behördlicher Genehmigungen zu unterrichten. Anhand einschlägiger Kommentare kann ich bald feststellen, dass eine harmlose und formlose Bauanzeige jeden umbauwilligen Bauherren vor späterem behördlichem Ungemach schützen wird. Bauamt und Bauaufsicht sind nämlich gehalten, anhand der eingegangenen Bauanzeige zu prüfen, ob diese den gesetzlichen Vorschriften genügt oder eine formelle Genehmigung beantragt und gegebenenfalls erteilt werden kann und muss. Machen sie den Bauherren trotz der Anzeige nicht auf die vorgeschriebene formelle Genehmigungspflicht aufmerksam, so liegt ein schwerwiegendes Versäumnis der Behörde vor, das dem Bauherren nicht angelastet werden kann, da dieser durchaus willig das Vorhaben ja angezeigt hat. So habe ich in den kommenden Jahren immer wieder hübsch bunte Postkarten aus dem Urlaub an die zuständigen Sachbearbeiter geschrieben. Die Ansichtskarten zeigen immer wieder dasselbe Motiv, nämlich das „Alte Rathaus von Massenheim“. Irgendwo befindet sich auf den Bildern ein Kreuz im Kreis, einmal an der Stelle, an der ich in meinem „Urlaub“ ein Dachfenster einsetzen will, einmal dort, wo im Innern eine Wand versetzt werden soll. Im rückseitigen Text grüße ich den Sachbearbeiter recht freundlich und teile ihm mit, dass ich meinen Urlaub mit „Einbau eines Dachfensters“... oder, .... oder, zubringen werde. Da nach einschlägigen Bauvorschriften für eine solche Maßnahmenanzeige keine Formulare, Formvorschriften oder sonstige Bedingungen benannt sind, genügt die hübsche und freundliche Urlaubskarte dem Gesetzestext ausreichend. Ich gehe davon aus, dass diese Urlaubskarten wie alle Urlaubskarten an Mitarbeiter in Behörden entweder direkt in der Ablage Papierkorb oder am schwarzen Brett zur Kenntnisnahme gelandet sind. Eines will ich noch anmerken: Man sollte sich von solchen Anzeigen immer eine Kopie ziehen und sie in Gegenwart Dritter auf den Postweg geben. Es soll nämlich vorkommen, dass manche der einfach gestrickten Beamtenseelen später, wenn sie mit Abrissverfügungen und Anzeigen ankommen, schlichtweg den Eingang solcher Bauanzeigen bestreiten.