Wie jedes Krankenhaus zu dieser Zeit verfügt der Reppertsberg sowohl über einen Hochspannungsraum, wie über einen eigenen Batterieraum. Der Hochspannungsraum ist ein eingeschossiger, niedriger Raum und steht allein auf weiter Flur. Das Dach ist lose auf den ohne Verschränkung hochgezogenen Wänden aufgelegt. Wie tückisch Hochspannung sein kann, hat Bokolic bereits in seinem ersten Lehrjahr erfahren. In einem Transformatorenhäuschen hatte ein Lehrling im dritten Lehrjahr, trotz aller Warnungen, versucht, die Hochspannung führenden Alu-Schienen mit einem Reistrohbesen abzukehren. Der Reisbesen war mittels einer Drahtschiene am Ende, dort wo er in den Holzstiel übergeht, fächerförmig abgebunden. Offensichtlich war die Drahtbindung so zwischen zwei Strom führende Schienen geraten, dass sie einen Lichtbogen von einer zur anderen Schiene auslöste. Bokolic darf nun zu „Lehrzwecken“ wie sein Meister sagt, den Unfallort noch vor Abtransport des Toten besichtigen. Der Lehrling ist zusammengeschrumpelt auf ein Drittel seiner Lebensgröße. Die zerschmolzenen Aluminiumschienen bilden auf dem Betonboden einen Aluminiumsee. Das Dach hat abgehoben und liegt nun schräg an der einen Seitenwand, die andere Seitenwand mit der Eingangstür ist umgefallen. Seit diesem Anblick hat Bokolic einen Heidenrespekt vor der Hochspannung, obwohl er, wie die meisten seiner Zunft, bei 22o Volt auch mal mit dem nassen Daumen oder Zeigefinger die Einzelleitung auf Spannung prüft. Dies tut er aber nur, wenn er sich auf trockenem sicheren Boden oder der hölzernen Stehleiter befindet. Eine Kommission aus dem Bauamt der Stadt hat sich angesagt, um den Hochspannungsraum des Krankenhauses zu inspizieren. Die ersten Herren werden gerade von Ludwig, ordnungsgemäß belehrt und mit trockenen Kitteln versehen, in sicherer Entfernung von stromführenden Teilen durch den Raum geschleust. Bokolic steht unter dem Schleppdach vor der Tür Wache, damit kein Unbefugter den Raum betreten kann. Inzwischen hat heftiger Regen eingesetzt. Ein kleines Männchen kommt als Nachzügler wichtigtuend und hastig angerannt, will an dem Wache schiebenden Bokolic vorbei, eilig den Raum betreten. Bokolic fordert höflich aber bestimmt, den nassen Mantel und den ebenso nassen Hut, und hält dem Männchen einen eigens zu diesem Zweck bereitgehaltenen trockenen Handwerkerkittel hin. Das Männchen schnaubt verächtlich, stürzt achselzuckend an Bokolic vorbei in den Raum und wird postwendend mit gleißenden Lichterscheinungen wieder herausbefördert. Auch dieser Mensch ist schwarz und unansehnlich geworden, so wie man sich einen Gnom vorstellt. Nachdem die von dem Lichtbogen geblendeten Mitglieder der Kommission wie auch Ludwig und Bokolic wieder zu sich gefunden haben und feststellen, dass niemandem von ihnen, außer dem ehemals wichtigtuenden Männchen etwas passiert ist, wird ein Arzt gerufen, der nur noch den Tod bestätigen kann. Danach wird eine Untersuchung eingeleitet, die mit dem Ergebnis endet, dass der vom Blitz getötete Mitarbeiter der Stadtwerke die Gefahren sehr wohl gekannt hat, sie jedoch offensichtlich einmal zuviel einfach ignoriert hat. Bokolic jedoch wird von jedweder Schuld an dem Vorfall freigesprochen.