Die "Unwort"-Aktion gibt es seit 1991. Für 2016 sind 1064 Einsendungen mit 594 verschiedenen Vorschlägen eingegangen. Als aussichtsreich galten auch Schlagworte wie "Umvolkung" und "Rapefugee" - eine Kombination aus "Rape" (Vergewaltigung) und "Refugee" (Flüchtling).
"Gutmensch" wurde 2015 zum Unwort gewählt
Diese Bezeichnungen entsprechen den Auswahl-Kriterien und sind häufig vorgeschlagen worden. Die sprachkritische Jury entscheidet aber unabhängig. Das Gremium richtet sich nach Angaben der Sprecherin Nina Janich nicht nach der Häufigkeit der Vorschläge.
Bereits für 2015 war mit "Gutmensch" ein Begriff zum "Unwort" gewählt worden, der aus der Flüchtlingsdebatte stammt. Davor war "Lügenpresse" zum "Unwort" gekürt worden, 2013 lautete es "Sozialtourismus", 2012 "Opfer-Abo".
Die "Unwort"-Jury besteht im Kern aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten. Die Aktion will für Sprache sensibilisieren und auf undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden Gebrauch aufmerksam machen.
Neben dieser Jury wählt davon getrennt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden das "Wort des Jahres". Für 2016 entschied sie sich für den Begriff "postfaktisch".
Der Begriff "postfaktisch" ist zum "Wort des Jahres" 2016 gekürt worden. Das gab die Gesellschaft für deutsche Sprache am Freitag in Wiesbaden bekannt.
In politischen und gesellschaftlichen Diskussionen gehe es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten, erklärte die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden. Insofern stehe das Wort für einen tiefgreifenden politischen Wandel. Immer größere Bevölkerungsschichten seien aus Widerwillen gegen "die da oben" bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren. Die Entscheidung der Jury sei einstimmig ausgefallen, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft, Professor Peter Schlobinski.
Die Gesellschaft wählte das "Wort des Jahres" erstmalig 1971 aus, seit 1977 sucht die Jury alljährlich aus Tausenden Vorschlägen Wörter und Wendungen heraus, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich besonders bestimmt haben. 2015 lag der Begriff "Flüchtlinge" ganz vorn. "Postfaktisch" hatte es vor kurzem in der englischen Übersetzung "post-truth" schon zum "International Word of the Year" 2016 gebracht.
Brexit" auf Platz zwei
Auf Platz zwei der Liste der Gesellschaft landete das Kunstwort "Brexit", mit dem der geplante Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) bezeichnet wird. Das vorangegangene Referendum sei zugleich ein "Triumph postfaktischer Politik" gewesen, denn die Befürworter seien mit zum Teil gezielten Fehlinformationen vorgegangen. Auf Platz drei wählten die Experten den Begriff "Silvesternacht", mit dem nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen vor allem in Köln nun neue, unerfreuliche Assoziationen verbunden seien.
Für die Auswahl entscheidend ist der Sprachgesellschaft zufolge nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern vielmehr seine Signifikanz, Popularität und sprachliche Qualität. Die Berliner "Lichtgrenze" zum Mauerfall-Jubiläum war das "Wort des Jahres" 2014. Den sprachlichen Nerv der Zeit hatten in den Jahren zuvor - nach dem Urteil der Jury - die Abkürzung GroKo für Große Koalition (2013), die Rettungsroutine (2012) und der Stresstest (2011) getroffen.
ein Exkurs zur „Rechten Deutschen Sprache“
Sprache hat die Macht der Unterscheidung. Die Benennung ist weit mehr als Oberfläche, sie erschafft Objekte erst in ihrer Bedeutung. Es ist nicht trivial, wenn man wie Schäuble etwa von "Flüchtlingslawinen" spricht. Er beschreibt Menschen so nicht als Individuen, sondern verklärt sie zu einer Naturkatastrophe. Schon das zeigt: Sprache bildet nicht neutral ab.
IM Erika, Frühsexualisierung, Umvolkung (1920), Volksgemeinschaft – rassetheoretisch wer deutschen Blutes ist (NSDAP 1920), Volksverdünner, Passdeutscher = Deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund,
Der "Volksverräter" ist ein Schlachtruf der besorgten Bürger – er stammt aus der NS-Zeit. Damals war "Volksverrat" ein Straftatbestand. Mit der "Lügenpresse" ist das ganz ähnlich. Den Begriff gibt es zwar schon im 19. Jahrhundert, groß wurde er aber in den 1920er und 1930er Jahren, als die Nazis die bürgerliche Presse als "Lügenpresse" pauschal diffamierten. Neu sind Begriffe wie die "Merkel-Jugend", angelehnt an die Hitler-Jugend. Oder "Frühsexualisierung", der Begriff wird gerade auch von der AfD mit seltsamen Verdrehungen verwendet wird.
Wir haben vier Strategien ausgemacht: Erstens die Aktualisierung von alten Nazi-Begriffen, die auf die heutige Zeit angewendet und für eigentlich harmlos erklärt werden – zum Beispiel der "Volksverräter" oder der "Volkstod". Zweitens die Umkehrung: Dabei werden Worte gegen ihren traditionellen Sinn verwendet. Das passiert etwa, wenn Pegida-Demonstranten "Demokratie" fordern und straffe Autorität meinen, oder ihren linken Gegendemonstranten "Nazis raus" entgegen brüllen. Sehr auffällig und häufig angewendet wird drittens die Pauschalisierung. Ein Beispiel hierfür ist "Asylant", eine abwertende Bezeichnung für alle. Zentral für die gesamte Rhetorik ist viertens eine Mimikry des Tabubruchs.
"Asylkritiker", "Flüchtlingskrise" und "Kulturkreis". Das Wort "Asylkritiker" kleidet harmlos ein, was eigentlich harte Ausgrenzungspraxis ist. Früher bezog es sich mal auf die Kritik etwa an der Einschränkung des Asylrechts. Heute nennen sich alle so, die die Flüchtlinge einfach "weg haben" wollen. Das in allen Medien häufig verwendete Wort "Flüchtlingskrise" trägt auch eine gewisse Perversion in sich. Denn wer hat hier eigentlich eine Krise? Die Flüchtlinge, nicht wir. Auch das Wort "Kulturkreis" wird inzwischen wie selbstverständlich benutzt. Dabei werden große regionale Räume zusammengeschraubt, die äußerst heterogen sind.
Die europäische Rechte ruft 2017 das Jahr der Patrioten aus. In Wirklichkeit beginnt damit das Jahrzehnt der völkisch – nationalen Idioten.
Amtsdeutsch für Immigranten und Geflüchtete
A: Abschiebeprozess, Asylverwirkung, Aktenlage, Anfangsverdacht,
Aufenthaltsgestattung, Aufnahmeeinrichtung, Aufenthaltsermittlung
B: Bearbeitungszuständigkeit, Beobachtungsvorgang,
C: Chaosvermeidung
D: Duldung
E: Erkenntnisanfrage, Erstfeststellung
F: Fahndungshinweis; Fluchthelfer
G: Gefährder, Gefährdungslage, Glaubwürdigkeitsbeleg
H: Haftanordnung, Heimreisedokumente, Herkunftsland
I: Informationsaustausch, Integrationsunwilligkeit,
J: Jahreskontingent
K: Kontaktsperre, Kontaktperson
L: Lebensmittelpunkt; Lichtbild
M: Mehrfachidentität, Migrationshintergrund
N: Nichtanwendungsklausel, Nafrit
O: Ortstermin
P: Passersatzpapier, Passfälschung, Präventionsmaßnahme
Q: Qualifizierungsmaßnahme, Quotenerfüllung
R:Regelanfrage
S: Schleuser, Sicherheitsabfrage
T:Terrorist
U:Unterbringungseinrichtung, Ursprungshinweis
V:Verwaltungsvorgang
W:Wohnsitzzuweisung
Z: Zuweisungsentscheidung
Raubritter = Finanzoptimierer
Schmiergeldzahlungen = Nützliche Aufwendungen
Mitarbeiter feuern = Synergien freisetzen
Arbeiten zu Dumpinglöhnen = Prekäre Beschäftigung
Illegale Kameraüberwachung = Mitarbeiterkontrolle
Kostenlose Arbeitskraft = Praktikant
Stütze = Transferleistung
Selbstbedienung = Bonusgewährung
Steuerhinterziehung = Finanztourismus
Völkermord = Ethnischer Konflikt
Krieg = Interessenkollision
Ausbeutung = Ressourcenerschließung
Bezahlter Marktschreier = Gastredner
Mogelpackung = verbraucheroptimierte Verpackung
Reibach machen = Mitnahmeeffekte ausnutzen
Kuhhandel = Handel zwischen Wirtschaft & Politik
Schachern = politische Kompromisse finden
Lügenbarone = Politiker aller Couleur
Volksverdummung = Parteiprogramme
Geschenke mit Verfallsdatum = Wahlversprechen
Proporzdenken = Medienpolitik
Verschleierungsinstrument = Untersuchungsausschuss
Auf Sankt Nimmerlein vertagen = Einen Ausschuss bilden
Das freie Gewissen der Abgeordneten = Fraktionszwang
Pest und Cholera = Bürgerbegehren und Meinungsfreiheit
Kapitulation vor der Wahrheit = Sachzwang
Rassenhass = Schutz vor Verfremdung
Fremdenfeindlichkeit = Identitätswahrung
Ausgrenzung = Integrationspolitik.