Mutter, Großmutter, Onkel und Tanten, Bruder und Cousins, kurz die Menschen unserer näheren Umgebung, dazu Hühner, Ziegen und das Jahresschwein, in einem Haus mit Garten und Wiese, in einem Dorf mit Hügeln Bach und Fluss. Als Kinder bauen wir uns langsam Beziehungen auf zu unserer näheren Umgebung, bevor wir später in die Welt und das Abenteuer Leben ziehen.
Das Haus am Kirchberg war als doppeltes Einfamilienhaus gebaut worden. In der linken Haushälfte, mit dem kleinen Gärtchen hinter dem Haus, das zur Seite hin an den hoch sandsteinummauerten, aufgelassenen Friedhof grenzte, wohnte eine Lehrerfamilie mit ihrem einzigen Sohn. In der rechten Haushälfte, mit dem großen Garten, der sich wohl fünfzig Meter hinter dem Haus den Südhang hinauf zog, lebten als Oberhaupt der Familie meine Großmutter Katharina, ihre beiden Töchter, Änni, die Ältere von beiden, mit ihrem Sohn Günter, und Frieda, die Jüngere, mit ihren beiden Söhnen Herbert und mir selbst als dem Nesthäkchen der Familie.
Den an das Haus angrenzenden Teil der Wiese hatte die Großmutter gepachtet, um den Kindern, Hühnern und Ziegen überschaubaren Auslauf zu gewähren. Lediglich das Jahreschwein war in den Stall verbannt. ....
So musste jeder, der zu uns wollte, an der Ostseite des Hauses entlang an der Nordseite zwischen dem Haus und einem über einer großen Abortgrube errichteten „Stillen Örtchen“ nach Westen abbiegen um über zwölf Treppenstufen zu dem Vorplatz vor der Haustüre emporsteigen. Dann fand er den Hauseingang nach Süden, nach Norden den Eingang zum umzäunten großen Garten, der sich, über die gesamte Breite des Hauses, den Sonnenhang hinaufzog, bis er mit Haselnuss- und Zwetschgenbäumen oben abschloss. Die westliche Seite des Gartens wurde durchgehend von der mannshohen Sandsteinmauer des aufgelassenen Friedhofes begrenzt. An diese Mauer lehnte sich gut zwanzig Meter vom Haus entfernt ein Holzhaus, auf Backstein-fundamenten errichtet, solide mit roten Ziegeln gedeckt. Von uns wurde dieses Haus nur nach seiner ursprünglichen Zweckbestimmung „Bienenhaus“ genannt. Neben den Gartenpfaden waren in Abständen Pfosten einbetoniert, über die Wäscheleinen geführt wurden, an denen an schönen Tagen die Wäsche zum Trocknen aufgespannt wurde. In den beiden Vierecken wurden alle bekannten Gemüse, Salate und Bodenfrüchte der Saison großgezogen und bis in den frühen Winter hinein geerntet.Vom Dach des Bienenhauses auch von der Friedhofsmauer überblickten wir während unserer Kinderspiele als Räuber, Indianer, Trapper oder als Piraten zu unseren Füßen, unterhalb unseres Heimes unsere kleine Welt.
1947 schauen die drei Buben vom Render recht verhungert aus.
Männer gab es in diesem Haushalt nicht, außer dem genannten Nachwuchstrio.
Tante Änni hatte, woher auch immer, einen größeren Stapel an dreiviertellangen „HJ- Hosen“, also Uniformhosen der Hitlerjugend beiseite geschafft. In Farbe und Form konnten diese Hosen von den drei Jungs ohne Veränderung nicht getragen werden. Um die Herkunft gegenüber Außenstehenden, möglicherweise bösgläubigen Dritten, zu verschleiern, wurden die Hosen zuerst zusammen mit Nussschalen im großen Wäschebottich gekocht. Daraufhin nahmen sie eine dunkelbraune Farbe an.
Vom Marktplatz, vor der Kirche im Tal gelegen, an dem die Straße parallel zum Flüsschen Ill das Dorf durchschneidet,
eine weitere Straße parallel zum Alsbach , wie dieser in die Ill, so diese vor der Kirche in die Hauptstraße einmündendend, führt ein Fußweg mit Treppenstufen am jahrhundertealten Schwesternhaus
und Kindergarten vorbei zur Eingangstür am Glockenturm, dann um den Glockenturm und die Kirche herum, weiter den Hang hinauf, in unsere Richtung und endet schließlich an einem alten
schmiedeeisernen Tor, das direkt auf den Weg mündet, der von Ost nach West auf halber Hanghöhe vor unserem Haus vorbeiführt. Am Marktplatz
ist die Höll´sche Metzgerei zu sehen, westlicher, gleichfalls am Fuß des Kirchberges, stehen die Backsteinbauten der Brauerei, die in guten
wie in schlechten Zeiten alle Kantinen saarländischer Gruben und Eisenhütten mit selbstgebrautem Bier versorgt. . Im Tal erkennen wir die
Zeilen der einzelnen Häuser und Gehöfte links und rechts der Straße. Die Siedlung ist bereits in keltischer Zeit am Zusammenfluss von Ill und Alsbach als Straßendorf
entstanden.Die wenigen später hinzugekommenen Straßen führen von den Straßen im Tal abzweigend, die sanften Hänge hinauf. Am gegenüberliegenden Hang fährt alle Stunde ein dunklen Rauch spukender Eisenbahnzug vorbei.
An der Stelle, an der sich die zum Hundsberg und Bahnhof führende Straße über die Brücke der Ill spannt, sieht man
deutliche Zeichen einer früheren Furt. Direkt daneben mündet ein Abzweig des Mühlenbachs wieder in die Ill, nachdem er das hölzerne Wasserrad an dem alten Mühlengebäude angetrieben hat. Die alte
Mühle hat meine Phantasie immer wieder angeregt....Der Südhang des Kirchberges, an dem unser Haus steht, erlaubt nur einen kleinen Weg an seiner Flanke, danach steigt er, zu seiner Kuppe so steil
an, dass sogar die klettergewandten Ziegen Mühe haben, einen Pfad nach oben zu finden. Die übrigen im Süden und Osten liegenden Hügel fallen zum Tal hin recht sanft ab. Im Gegensatz zum Kirchberg
sind sie in der Ferne allesamt bewaldet. Im Südosten liegt ein steil abfallender, grünschwarz wirkender Fichtenhang. Im Süden erstreckt sich Laubmischwald, der eine urwaldartige Insel aufweist
und gleich daneben zerklüftet und geheimnisumwittert die „Steinrausche“, ein Konglomerat von abgeschliffenen, großen, grünbemoosten Felsblöcken. Gegen Südosten zu ist der Hügel, jenseits der
Feldgemarkung, mit Fichtenwald bedeckt, der gegen Osten in weiter Ferne in Laubmischwald übergeht. Folgt man der Straße entlang dem Alsbach gegen seine Fließrichtung, so sieht man nach einer
leichten Krümmung auf der gegenüberliegenden Talseite die damalige Volksschule von einem kleinen Uhrtürmchen in der Mitte gekrönt. Unten im Tal führt ein hölzerner Fußsteig neben einer Furt für
Pferde- und Ochsenwagen über den Bach. Im Tal der Ill nach Südosten, sehen wir an einer Biegung der Straße das Pfarrhaus, früherer Jagdsitz
der Nassauischen Dorfherren. Nach der Biegung folgen Gartenanlagen, zwei Backsteinhäuser, wie sie von Knappschaften und Bergwerksdirektionen Anfang des Jahrhunderts gebaut wurden. Sie beherbergen
die Arztpraxis und die Apotheke des Ortes. Dann folgen Häuser und Gehöfte in gebührendem Abstand voneinander, rechts und links der Straße....Hinter dem Hof des Mühlbacher Großvaters führt die
große Straße der Ill folgend zwischen bewaldeten Hügeln aus dem Dorf hinaus.
Meine Ahnen väterlicherseits waren seit der Zeit des Dreißig-jährigen Krieges bereits zu Dirmingen ansässige freie Bauern und zugleich Hufschmiede, Müller, Küfer, später Bergleute und so genannte Bergmannsbauern. Sie sind verwandt mit allen seit 1710 zu Dirmingen registrierten Sippen.
Mein Großvater väterlicherseits war gelernter Hufschmied, Grubenschmied bei der „Saarkohle“ und nebenbei
Bergmannsbauer.
Mütterlicherseits stammen meine Vorfahren aus der Winterhauch, einem Gebiet zwischen Glan und Nahe. Auch sie standen alle mit
beiden Beinen auf der Erde, von Beruf Bauern oder Handwerker, meist beides zugleich....
Der Großvater mütterlicherseits trat seine erste Lehrerstelle an der Volksschule zu Dirmingen an. Nachdem ihm seine Frau zwei
Mädchen geboren hatte, starb er an übergangener Lungenentzündung. Somit musste meine Großmutter nicht nur ihre Kinder alleine großziehen, sondern, unter Entbehrungen den Bau einer
Doppelhaushälfte alleine bewerkstelligen.
Die Ehemänner ihrer Töchter waren beide im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront vermisst gemeldet worden.
Mein Großvater väterlicherseits war gelernter Hufschmied, Grubenschmied bei der „Saarkohle“ und nebenbei Bergmannsbauer.
Hinter dem Hof des Mühlbacher Großvaters führt die große Straße der Ill folgend zwischen bewaldeten Hügeln aus dem Dorf
hinaus.
Als großer Tüftler kam Großvater sehr zupass, dass er mit seinem praktischen Verstand alle greifbaren Dinge seines Umfeldes auf
Brauchbarkeit überprüfte. So war ihm in den Sinn gekommen, dass auch Wehrmachtautos wohl auf Reifen durch die Gegend gefahren waren. Wenn die Autos auf den Reifen durch die halbe Welt gefahren
waren, warum sollten seine Enkel nicht auf dem gleichen Material über Stock und Stein hüpfen können? Gedacht, getan