Burgschwalbach Heimat im Hintertaunus

 

Nun halte ich hinter den Bergen des Taunus Umschau, wo das Land noch ländlich, die Häuser noch häuslich und Grund und Boden noch erschwinglich sind. Denn ich habe mich entschlossen wieder ein eigenes Heim zu erwerben. Der Streit mit Vermietern ist mir Zuviel geworden, da diese immer nur Eines wollen, nämlich möglichst viel Geld, ohne bereit zu sein, eine Behausung zur Verfügung zu stellen, die sauber, ungezieferfrei, trocken und einigermaßen ruhig ist. Ein Häuschen in der näheren Umgebung meiner Arbeitsstelle ist jedoch mit den steigenden Preisen im Rhein Main Gebiet für mich unerschwinglich geworden. 

 

Burgschwalbach, ein Tal, ein Haus, eine Burg

 

In einem kleinen Seitental der Aar finde ich nach langer Suche eine in jeder Hinsicht passende Heimstatt, ein Wohnhaus mit Nebengebäude, Scheune und Schuppen und einem mit Mauern umgebenen Innenhof. Die Vorbesitzer haben das Gemäuer bereits teilrenoviert, jedoch über der langwierigen Renovierung ihre Einigkeit verloren: So verkaufen sie günstig, mehr dem Gebot ihrer Trennung als der Not gehorchend. Der lange Weg von meiner Arbeitsstelle zu dieser Hütte erscheint mir zu jeder Jahreszeit wie ein Traum. Zuerst klettert das Auto die bewaldete, steile Flanke des Taunushanges nördlich von Wiesbaden hinauf. Danach geht es durch ein Tal, wieder zur Hühnerstraße hinauf, durch lichte Buchenwälder und ausgeräumte Feldfluren, an dem Gemäuer der Hühnerkirche und an links und rechts der Straße in den kleinen Tälern liegenden Dörfern vorbei. Danach biegt man von der Hühnerstraße nach links ab, gelangt durch eines dieser Dörfchen zu einem kleinen Seitental, folgt den sanften Schwüngen des Baches, zwischen den bewaldeten Hügeln, bis sich nach einer der Kurven das Tal weitet, und auf der Spitze des steileren Hügels der Bergfried und die schiefergedeckten Dächer der Burg in der Abendsonne aufleuchten. Von Bach und Burg hat der kleine Ort seinen Namen erhalten. Unter der Burg im Tal steht die alte schiefergedeckte Kirche, ein Pfarrhaus, ein großes ehemaliges Zehnthaus eine Kneipe und schmucke Fachwerkhäuser, aber auch größere Bauernhöfe mit hohen und breiten bruchsteingemauerten Scheunen und Ställen. Mitten im Ort an einer Kreuzung steht das kleine alte Haus, aus dessen oberen Stockwerk man, selbst im Bette liegend, nur einen Ausblick hat, nämlich den auf den mächtigen Turm und die Zinnen der Burg über dem steil ansteigenden grünen Berghang. Der Berg gegenüber der Burg, nur sanft ansteigend, ist im Wechsel mit größeren und kleineren rechteckigen Flicken belegt, die zwischen zartem Grün der Ährenfelder, sattem Grün, Obstbaum bestandener Wiesen, und knalligem Gelb blühender Rapsfelder die Farbe wechseln. Folgt man der Straße aus dem Ort weiter, so kommt man zum vielfach gewundenen Tal der Aar, nach Zollhaus, dessen Name noch heute von der früheren Bedeutung erzählt. Über die Brücke gelangt man auf der anderen Seite den Buckel hinauf zu den teils kahlen, teils bewaldeten Höhen des Einrichs, mit der Burg Katzenelnbogen und danach von den Höhen wieder hinunter ins Tal der Lahn. Genauso gut kann man aber den Windungen der Aar nach Diez und Limburg folgen, den beiden Städtchen mit mittelalterlichem Stadtkern. Folgt man der Aar nach Süden so gelangt man an kleinen Weilern im Tal und Burgen und Schlössern auf den Bergkuppen vorbei nach einem der alten Kurorte im Vordertaunus, nämlich Bad Schwalbach. In den folgenden Jahren kommt mir gelegen, dass ich vorübergehend wieder Schichtdienst schieben kann. Tagsüber habe ich so genügend Zeit zur Verfügung, den ihm vertrauten Tätigkeiten der Renovierung eines alten Hauses nachzugehen. Später im Tagesdienst muss die Arbeit am Haus wieder etwas gestreckt werden. Dann wird diese Arbeit durch einen Verkehrsunfall abrupt unterbrochen. Einen Sommer später ist nichts mehr so wie es war. Wieder ist es Zeit, Koffer zu packen, auszuziehen um eine neue Heimat zu finden.